Ostseebad Göhren Urlaubsmagazin 2021
39 Doch die Göhrener Strand- und Küstenfischer bekamen vor Ort auch Konkurrenz von aus- wärtigen Fischern, die fast jährlich ihren Fang vier bis fünf Meilen vor Rügen einholten. Sie mussten jedoch nicht nur Zoll entrichten, um hier überhaupt fischen zu dürfen, son- dern auch am Strand hausen und waren wohl bei der Bevölkerung nicht allzu gern gese- hen. Von den Einheimischen bekamen sie kaum Nahrung, nicht einmal gegen Bezahlung. Zu ihrem Glück hatten in der Zwischenzeit Adel und wohlhabendes Bürgertum Rügen zur Erholung und zur Sommerfrische für sich entdeckt. Gräfin Adeline von Schimmelmann aus Ahrensburg bei Hamburg erkannte die Not der auswärtigen Fischer und ließ 1886 Lebensmittel an sie verteilen. Ein Jahr später kaufte sie ein Grundstück in der heutigen Hövtstraße, auf das sie ein Fischerheim baute. Binnen kürzester Zeit wurde diese unge- wöhnliche Einrichtung eröffnet. „Erfrischungen + Nachtquartier werden gegen sehr mäßige Bezahlung verabreicht“, berichtete 1892 der Deutsche Fischerei-Verein. „Für Unterhaltung wird durch Vorlesen gesorgt. Öfters sollen 100 und mehr Fischer hier Aufnahme finden. Und wir hörten aus dem Munde von Fischern, dass sie sich [hier] sehr wohl fühlten und gern aufhielten und der Gräfin großen Dank für die Einrichtung wüss- ten, unbeschadet des Umstandes, dass ihnen Spirituosen vorenthalten würden.“ Mit zunehmendem Badebetrieb ging die Fischerei schließlich immer weiter zurück. Die Vermietung an Gäste in der Sommerfrische war wesentlich weniger hart und gefährlich als die Fischerei. Dennoch haben die Menschen in Göhren bis heute tagtäglich mit Fischen zu tun ... Markus Pigards Wurzeln liegen auf Rügen und im einstigen Ostpreußen. Sein Großvater war ein Fischer aus Dranske. Seine Großmutter, 1942 als Flüchtling nach Rügen gekommen, war Köchin und für ihre leckere ostpreußische Küche bekannt. Sie gab ihre Rezepte an Pigards Mutter Irmtraud weiter, und die wiederum an ihren Sohn Markus. Er betrieb ab 1991 einen Imbisswagen und übernahm drei Jahre später zusammen mit seiner Mutter das älteste Gasthaus Göhrens, die „Pension Mönchgut“. Heute führt er ein Catering-Unternehmen und die Kneipe „Kiek in“. Den hierfür benötigten Fisch – Heringe, Aal, Heilbutt, Rotbarsch, Sprotten und Lachs – kauft er regional bei Fischern und kleinen Familienbetrieben ein. Bis heute verleihen die alten Familienrezepte seinen eingelegten und selbstgeräucherten Fischen eine ganz besondere Note. Die Wohltäterin: Gräfin Adeline von Schimmel- mann umringt von„ihren“ dankbaren Fischern. Gelebte Familientradition bis heute: Sie möchten noch mehr Historisches erfahren und sich Sonderausstellungen zum Ostseebad Göhren ansehen? Dann besuchen Sie unser Heimatmuseum bzw. Rookhus: Öffnungszeiten von Mai - Oktober (voraussichtlich) : Heimatmuseum: Di, Do, Sa: 10.00 -16.00 Uhr Rookhus: Mi: 14.00 -17.00 Uhr Fr: 10.00 -16.00 Uhr Bei Sommerfesten erfreut Markus Pigard (Mitte) Göhrens Gäste häufig an der Bernsteinpromenade mit seinen Fischspezialitäten. Wolfgang Ritter (links) und Gergely Kiss (rechts) unterstützen ihn dabei.
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