Wer mit offenen Augen über Rügen fährt oder auf der Insel wandert, der entdeckt an vielen Orten liebevoll sanierte Guts- und Herrenhäuser, ja - selbst Schlösser neben alten Katen. Sie verströmen den Charme einer Insel, die Geschichte und Geschichten erzählt.
Weiß strahlt das Gutshaus Streu in der Sonne, eine malerische Silhouette vor dem Blau des Him- mels. Strahlend begrüßen auch die Eigentümer Gisa und Hans-Peter Reimann den Besucher. Sie öffnen die schwere und reich verzierte Barocktür, über der eine alte Terrakotta-Platte ihren Leit- spruch trägt: „Man reißt das Haus nicht ein, das Väter fest gebaut. Doch richtet man ́s sich ein, wie man ́s am liebsten schaut.“ „Hier lebt es sich gut“, sagt Hans-Peter Reimann. Ende der 1990er Jahre zog er mit seiner Frau und dem Buch „Schlösser und Herrenhäuser auf Rügen“ über die Insel und stieß an einem nebligen Novembertag auf das völlig eingewachsene und marode Gutshaus, das noch bis kurz nach der Wende als Wohnhaus genutzt worden war. Ein hartes Stück Arbeit lag vor den Reimanns. „Was wir nicht schaffen, sollte die nächste Generation fortführen, war unsere Devise. Aber wir haben mehr erreicht, als wir es uns erträumt hatten“, freut sich Hans-Peter Reimann. Drei Generationen der Familie wohnen jetzt unter einem Dach. Wer Rügen erkundet, kommt am Jagdschloss Granitz nicht vorbei. Es gehörte der Fürstenfamilie zu Putbus, wurde vom Berliner Berliner Architekten Johann Gottfried Steinmey- er entworfen und wird gekrönt von einem Aussichtsturm, der nach Plänen von Karl-Friedrich Schinkel gebaut wurde. Von dort bietet sich den Gästen ein einmaliges Inselpanorama. Mit über 250 000 Besuchern im Jahr ist das Jagdschloss Granitz das meistbesuchte Schloss in Mecklenburg-Vorpommern. Übernachten können Insel- besucher in dem malerischen Schlosshotel Spyker. Das Schloss stammt aus dem 16. Jahrhundert und hat eine wechselvolle Geschichte. Ab 1649 war es in Besitz des schwedischen Feldmarschalls Carl-Gustav von Wrangel, der dort auch gestorben ist. Zu DDR-Zeiten war das Schloss mit seinen ein- zigartigen Stuckdecken ein Ferienheim des Freien Deutschen Gewerkschaftsbundes (FDGB) und ist heute in Privatbesitz.
Auch das Schloss Ralswiek ist inzwischen ein Hotel - in traumhaft schöner Lage direkt am Großen Jasmunder Bodden. Hier war einst ein bedeutender Seehandelsplatz, jetzt befindet sich unterhalb des Schlosses die Naturbühne, auf der alljährlich Störtebeker und sein Gefolge vor mehr als 300.000 Zuschauern eine aktionsgeladene Episode aus dem Leben des legendären Piraten erzählen. Man mag es kaum glauben: Das Schloss wurde erst 1893 im Stil der Neorenaissance erbaut und die historische Inneneinrichtung trägt die Handschrift des belgischen Architekten Henry van de Velde. Das Gutshaus Boldevitz unweit von Bergen mit seinen wertvollen Hackertschen Tapeten ist auch 2015 Gastgeber für Konzerte im Rahmen der Festspiele MV. Ein Traum von Gutspark ist in Kartzitz zu finden. Und Putbus, die einstige Fürstenstadt, glänzt noch immer mit den klassizistischen Gebäuden, dem Theater, dem Circus und dem Landschaftspark mit seinen dendrologischen Kostbarkeiten.