Sie bringen Licht in die rauschende Dunkelheit. Orientierung, Hilfe oder Warnung. Geleit senden durch Regen, Nebel und Sturm, das ist die Aufgabe eines Leuchtturms. Im Nordosten der Halbinsel Wittow, einem jener Landgeflechte um Rügen herum, auf dem hohen Kap Arkona, steht der älteste Leuchtturm der Insel. Ein dreistöckiger, dunkelroter Backsteinturm von 1826. Sein mutmaßlicher Baumeister war schon zu damaliger Zeit über die Landesgrenzen hinaus bekannt: Karl Friedrich Schinkel.
Am Fuß seines Turms sind heute auf Steinplatten die Namen frisch verheirateter Paare eingelassen. Ein Schwalbenpaar hat sein Nest in die Backsteinmauer gebaut. Das alte Leuchtfeuer am Kap Arkona ist nun Außenstelle des Standesamts. Neben ihm steht sein 75 Jahre jüngerer runder Bruder, der ihn um anderthalb Köpfe überragt. Seit 1901 ist er der neue Leuchtturm. Sekundenschnell erhellt sein Licht nachts den kleinen Bruder, bevor er ihn wieder in die Dunkelheit taucht.
Die Lichtbringer
In Schinkels Leuchtturm ist es kühl. Auch innen zeigt sich unverputzter Backstein. In der Turmmitte windet sich eine gusseiserne Treppe nach oben. Die Luft wird wärmer, je höher man ihre 86 Stufen zur Kuppel hinaufsteigt. Von einem Rundgang um die Glaskuppel herum geht ein Blick über die Felder, ein Blick übers Meer.
Diesen Weg muss Christoph Heinrich Schilling vor rund 200 Jahren oft gegangen sein. Der erste Leuchtturmwärter am Kap Arkona stieg jeden Abend auf die windige Plattform. Sobald es zu dämmern begann, zündete er in dem gläsernen Mittelstück die 17 Öllampen in Hohlspiegeln an. Seinen Blick richtete er nicht auf die Felder, sondern auf das rauschende Dunkel unter ihm. Dort, wo der Schein des Feuerkegels über die Wellen huschte. Wenn die Luft weiß und undurchdringlich wurde, liess der Wärter klagend das Nebelhorn dröhnen. War da ein Schiff im wilden Wasser? Befinden sich heimkehrende Fischer in Seenot?
Vielen Generationen von Lotsen und Küstenwächtern werden auf Rügen wagemutige Rettungsmanöver kenternder Schiffe nachgesagt. Allein über die Wärterfamilie Schilling ranken sich zahlreiche Legenden selbstloser Heldentaten.
Wie hoch der Anteil Karl Friedrich Schinkels am Bau des ersten Leuchtfeuers auf Rügen letztendlich war, ist ungeklärt. Unbestreitbar bleibt ein Entwurf des eckigen Backsteinturms, der seine Handschrift trägt. Ebenso die Erwähnung des Turms in seinem Werkverzeichnis. Den Baudirektoren des preußischen Königs Friedrich Wilhelm IV. kennt der Rügenbesucher vor allem durch seine Berliner Bauwerke: die Neue Wache, das Schauspielhaus oder das Alte Museum. Säulen getragene klassizistische Bauten ohne Schnörkel oder unverputzte Ziegelbauten - das ist Schinkels Handschrift. Diese hat er auch auf Rügen hinterlassen.
Wo Rügen Schinkel kann
Eine schlichte Kapelle steht unweit des Leuchtturms. Klein, einst weiß nun terrakottafarben getüncht und reetgedeckt erinnert sie eher an die süditalienischen „Trulli“ als an ein Gotteshaus. So unscheinbar sie auch wirkt, so überzeugt flüstert man, gehe der Bau auf einen Entwurf des bekannten Architekten zurück. 1816 entstand das Gebäude auf Anraten des Pfarrers Ludwig Gotthard Kosegarten. Seine Uferpredigten waren bei den von Heringsfang zurückkehrenden Fischer sehr beliebt.
Als gesichert gilt Schinkels Entwurf für den Mittelturms des Granitzer Jagdschlosses, das sein Kommilitone und Jugendfreund Johann Gottfried Steinmeyer errichtete. Wieder ist es ein Turm, der Schinkels Zeugnis wahrt. Wie wichtig dieser architektonische Beitrag dem damaligen Kurfürsten Malte I. war, zeigt dessen Standbild im Putbusser Schlosspark. Eingraviert in den Sockel finden sich Ausschnitte aus dem Leben des Fürsten - und eine Skulptur des Architekten Schinkels, der auf das Jagdschloss deutet.
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